Die Umfragen-Epidemie

Die Umfragen-Epidemie. Oder was schlechte Umfragen ausmacht.

Anmerkungen zum Artikel „The survey epidemic is upon us – and something must be done“ von Jon Reed am 1. April 2016 in diginomica.

Der Autor bezieht sich auch auf die Frage, was schlechte Umfragen ausmacht. Folgendes ist weder wortgetreu übersetzt noch auslassungsfrei. Siehe auch die vom Autor zitierte Originalquelle.

☞  Schlechte Surveys sind Einbahnstraßen-Kommunikationen. Es geht nur darum, was der Fragende herausfinden möchte, nicht um die Interessen des Befragten.
☞  Sie kommen aus dem Nirgendwo, uneingeladen und sind allermeistens unwillkommen.
☞  Sie wirken unpersönlich und nicht mit der Erfahrung der individuell Befragten verbunden.
☞ Sie sind oft zu lang und berücksichtigen nicht angemessen den Zeitaufwand und die Mühe zur Beantwortung.


Die Kritik der vier Punkte geht in die wesentliche Richtung. Zusammengefasst wird hier beschrieben, was die meisten Menschen beim Ausfüllen von unpassenden Fragebögen schnell empfinden werden. „Uninteressant, irrelevant, keine Zeit, unpersönlich, zu lang.“

Im Umkehrschluss sollten diejenigen die Fragebögen entwerfen, diese vier Kritikpunkte explizit berücksichtigen – und konstruktive Lösungen anbieten.

Zentraler Angelpunkt, neben konzeptionellen Vorarbeiten und theoretischen Annahmen, ist die Entwicklung des Fragebogens. Die Fragebogenentwicklung ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem Forschungsgegenstand. Sie baut auf den Ergebnissen vorausgegangener Überlegungen, Daten oder Studien auf. Beispielsweise welchen Zielgruppen oder Stakeholdern welches Anliegen wie relevant und wichtig ist. Es gilt herauszufinden, welche Befragungsergebnisse tatsächlich zum Verständnis beitragen würden und welche Fragen den Unterschied machen. Sowie den Tonfall zu treffen und Interesse zu wecken.

Ein paar kurze Tipps, um nicht als Survey-Spam sondern als umfragegestützter Parkour voller Denkanreize und wertvoller Auseinandersetzungen empfunden zu werden, der Forschern und Befragten gleichermaßen Zugang zu Meinung und Wissen bietet.

? Genügend Zeit für die Entwicklung und Testung des Fragebogens einplanen! Kritik ernst nehmen.
? Manchmal ist es möglich, die Zielgruppen bzw. ausgewählte Vertreter in die Fragebogenentwicklung (Gruppendiskussion, qual. Interviews, Pretest u.a.) und die Ergebnisinterpretation (Fokusgruppen, qual. Interviews u.a.) einzubeziehen.
? Stellen Sie zur Feldphase und für kurz danach eine Möglichkeit zur Rückfrage bereit. So wird offensichtlich, dass hinter dem unpersönlichen Fragebogen interessierte ForscherInnen stehen.
? Informieren Sie die TeilnehmerInnen über die Ergebnisse. Bieten Sie die Verschickung eines Ergebnisberichtes an.
? Machen Sie im Anschreiben klar, warum des Befragten persönliche Teilnahme so wichtig ist.
? Stellen Sie die Relevanz und Bedeutsamkeit der Forschungsfrage für den Befragten heraus. Wecken Sie Interesse.
? Achten Sie auf klare und verständliche Formulierungen. Formulieren Sie, dass alle die Frage gleich verstehen.
? Denken Sie aus den Augen der Befragten und machen Sie einen Pretest, wenn die Daten wichtig sein sollen.
? Machen Sie den Fragebogen besser kurz und prägnant.